Eine Delegation aus Büderich reiste nach Bosnien, um vor Ort die Hilfsprojekte der Bosnien-Hilfe Büderich zu besichtigen. Mit dabei waren Jürgen Langenscheidt und Martin Siepmann von der Bosnienhilfe sowie Jens Grossart und Sascha Sorak von der Fußballabteilung Blau-Weiß Büderich und Peter Kothenschulte der beiden Vereinen angehört. Per Flugzeug ging es für die Fünf von Dortmund nach Tuzla, wo sie schon von Salim Mustafic empfangen wurden. Für drei Teilnehmer war es die erste Reise ins ehemalige Jugoslawien. Salim Mustafic klärte sie gleich auf, dass sie ihr deutsches Denken für die Zeit der Reise ausblenden müssen. Denn „hier in Bosnien ist vieles anders, nicht so geregelt und reglementiert wie in Deutschland“, erklärt der Bosnier. Behörden und Arbeitgeber sind zum Teil korrupt, da muss man sehen, mit welchen Mitteln man weiterkommt.
Das Reiseziel des ersten Tages war die Gedenkstätte in Srebrenica, an der bosnisch-serbischen Grenze, nur 80km entfernt von Kalesija. Im Juli 1995 wurden dort bei einem Massaker mehr als 8.400 Zivilisten umgebracht, unter ihnen Kinder, Jugendliche, Frauen und Männer jeden Alters. „Ein sehr beklemmendes Gefühl“ beschreibt es Martin Siepmann, „wenn man zwischen den tausenden Stelen steht, die für jedes Opfer aufgestellt wurden“.
Am nächsten Tag wurde der Verein „Osmijeh Nade“ besucht. Mitglieder dieses Vereins sind Eltern mit behinderten Kindern, die sich dort treffen und austauschen. Die drei ehrenamtlich tätigen Vorsitzenden erklärten den Büderichern wie eine Spendenlieferung aus Büderich organisiert wird. „Wenn euer LKW kommt, rufen wir unsere Mitglieder an, die kommen zum Abladen. Dann wird die Kleidung ausgepackt, nach Größen und Geschlecht sortiert“ erklärt Fadil. „Die gespendete Kleidung wird bei uns sehr gern getragen“ berichtet Amira, eine der Vorsitzenden und Mutter eines behinderten Jungen. Die Büdericher Spenden sind für die behinderten Kinder und deren Eltern bestimmt, die den Mehraufwand meist ohne staatliche Förderung selbst stemmen müssen.
Überhaupt sind staatliche Hilfen oder Leistungen der Krankenkassen in Bosnien fern ab von dem, was wir in Deutschland gewohnt sind. Die Untersuchung des Hausarztes wird zwar übernommen, alle weiteren Leistungen, Medikamente und auch Operationen muss der Patient weitestgehend selbst bezahlen.
Ein weiteres Ziel war eine Familie, die ihr einsturzgefährdetes Haus verlassen musste. Vor zwei Jahren wurde es bei Erdrutschen stark beschädigt und unbewohnbar. Eine große Hilfsorganisation baute für diese Familie und weiteren Geschädigten kleine, neue Häuser, aber ohne Wasserversorgung. Diese konnten die Eltern nicht bezahlen, deshalb ist die Bosnienhilfe eingesprungen und hat einen Brunnen mit Pumpe finanziert.
Der nächste Termin war bei Vessna. Sie ist körperlich und geistig behindert, man merkt ihr aber die Freude an, als sie Besuch aus Büderich bekommt. Vor vielen Jahren bekam sie einen der ersten Rollstühle der Bosnienhilfe. Regelmäßig bekommt die Familie Spenden aus Büderich sowie notwendige Medikamente. „Herzlichen Dank an alle, die uns in all den Jahren nicht vergessen haben“ gibt der Vater den fünf Büderichern mit auf den Weg.
Auch bei Neles Eltern große Freude beim Besuch der Büdericher. Nele ist mit zwei Jahren zum Pflegefall geworden muss dringend am Rücken operiert werden. Die hohen Kosten hat der Vater durch Spenden gesammelt. „Diese Operation hätte vermieden werden können, wenn rechtzeitig Untersuchungen gemacht worden wären, wie wir es in Deutschland gewohnt sind“ empört sich Sascha Sorak über das unzureichende Gesundheitssystem in Bosnien.
Beim letzten Termin waren die Fußballer von Blau-Weiß Büderich gefragt. Auf dem Sportplatz von Kalesija wurde eine Jugendmannschaft und deren Trainer Sadik besucht. Eine erste Gemeinsamkeit war sofort gegeben, tragen die Spieler aus Kalesija auch blau-weiß als Vereinsfarbe. Nach interessanten Gesprächen haben die Büdericher signalisiert, eine Jugendmannschaft aus Kalesija zu ihrem nächsten Pfingstturnier einzuladen.
Am letzten Reisetag wurde die Hauptstadt Sarajevo besucht. Für 130km Entfernung braucht man zweieinhalb Stunden, denn es gibt keine Autobahn. Sarajevo ist multikulturell: in der Fußgängerzone findet man eine katholische Kirche, nur wenige Meter entfernt eine jüdische Synagoge, ganz in der Nähe eine Moschee und eine serbisch-orthodoxe Kathedrale. „Es ist zwar Leben im Stadtzentrum, man aber nicht das Gefühl, in einer modernen europäischen Hauptstadt zu sein. Andere Hauptstädte im Osten Europas haben sich wesentlich besser entwickelt“, stellt Peter Kothenschulte fest.
„In Deutschland stöhnt man über jede Kleinigkeit“ ärgert sich Jens Grossart, „die haben einfach ganz andere Probleme“. Nach vier Tagen mit vielen Gesprächen, voller Schicksalen und Kriegserlebnissen sowie Herzlichkeiten und Kultur ziehen die Büdericher ein Fazit: es ist schön, dass die Menschen dort die Hoffnung nicht aufgeben und versuchen, ein würdiges Leben in ihrer Heimat zu führen. Die Menschen, die nach dem Krieg zurückgekommen sind, wollen ihr Land aufbauen – der Statt muss die Möglichkeiten schaffen.